Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern

Im Alltag stellen sich Familien fast täglich vielen Herausforderungen, sodass es schnell zu stressigen Situationen kommt und der liebevolle Umgangston schwindet. Konfliktsituationen entstehen und oft sind die Sätze, die fallen, wenig zielführend. Doch es gibt eine Methode, die sich jeder aneignen kann, um Konflikte zu vermeiden, Beziehungen zu stärken und Harmonie aufrechtzuerhalten: Die “Gewaltfreie Kommunikation“ (GfK) ist hier der Schlüssel.

In diesem Artikel wirst du erfahren, worum es in der “Gewaltfreien Kommunikation” geht, wie du sie anwenden kannst und welchen Mehrwert die GfK für deine Familie hat.

Was ist „Gewaltfreie Kommunikation“?

Die “Gewaltfreie Kommunikation” (GfK) wurde von Marshall B. Rosenberg entwickelt. Es handelt sich um eine Kommunikationsmethode mit dem Ziel, Konflikte zu minimieren und Verständnis füreinander zu schaffen. Die GfK ist auf einer Basis von Empathie und Ehrlichkeit gebaut.

Die GfK besteht aus vier Hauptkomponenten:

  1. Beobachtung: Objektive Beobachtung ohne Bewertung/Interpretation.
  2. Gefühl: Basierend auf Beobachtung auf sich bezogene Gefühle zum Ausdruck bringen.
  3. Bedürfnis: Aus dem Gefühl entstandenes Bedürfnis (Wunsch) benennen.
  4. Bitten: Formulierung einer Bitte, die auf das Erfüllen der genannten Bedürfnisse abzielt.

Wenn du diese vier Komponenten beachtest, gehst du einen großen Schritt auf eine lösungsorientierte und vor allem gewaltfreie Kommunikation zu. Doch in engen und vor allem familiären Beziehungen ist es manchmal etwas komplizierter, denn Emotionen mischen sich leicht unter.

Gewaltfreie Kommunikation

Wie kann die Gewaltfreie Kommunikation in Familien Anwendung finden?

In der gewaltfreien Kommunikation geht es zunächst um das Minimieren von Konflikten innerhalb der Familie, da sie kaum zu vermeiden sind. Verschiedene Interessen, herausfordernde Situationen und verschiedene Meinungen wollen unter einen Hut gebracht werden. Im Zusammenleben in einer Familie kommt es daher oft zu Konflikten, was grundsätzlich vollkommen in Ordnung ist.

Viel wichtiger ist die Frage, wie ihr als Familie gemeinsam mit Konfliktsituationen umgehen und sie aktiv minimieren könnt? Anstatt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen oder Schuldige zu suchen, ist es zielführender, auf eine respektvolle Weise Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten  zufrieden sind.

1. Konflikte in der Familie beobachten

Kommt es in der Familie zu Konflikten, ist es sehr wichtig, Abstand zu nehmen und eine objektive Beobachtung vorzunehmen. Hierbei ist es hilfreich, so gut es geht, die eigenen Gefühle und Gedanken zur Seite zu schieben, um dir einen klaren Blick auf die Konfliktsituation zu verschaffen. Beobachte konkrete Handlungen und Wörter, die den Konflikt ausgelöst haben und weiter anfeuern.

Beschreibe den Konflikt objektiv aus der Ich-Perspektive und vermeide Verallgemeinerungen wie “immer”. Deine Sätze können mit “Ich habe beobachtet, dass” beginnen und mit einer klaren Beschreibung der Situation, ohne Anschuldigungen und Interpretationen, fortgeführt werden.

Diese Art von Sätzen dämmen bereits die Gefahr eines Konfliktes ein, da du dich hier objektiv auf deine Beobachtung beschränkst.

2. Die eigenen Gefühle beobachten und benennen

Im nächsten Schritt richtest du den Blick auf deine Gefühle. Was löst dieser Konflikt in dir aus? Welche Emotionen und Gefühle nimmst du wahr? Beobachte dich einen Moment selbst.

In der GfK wird auf das Beobachten der eigenen Gefühle großen Wert gelegt, denn sie sind dein persönlicher Schlüssel, um eine konfliktlösende Kommunikation herbeizuführen. Die Selbstreflexion ist wichtig, um die wahren Gefühle zu identifizieren, die manchmal von anderen Gefühlen überschattet werden. Gerade, wenn es um Konflikte geht, die schon länger bestehen und immer wieder hochkochen.

Bevor du also die Gefühle verbal benennst, benenne sie mit spezifischen Begriffen in deinen Gedanken. Spezifische Begriffe sind unter anderem:

  • glücklich
  • traurig
  • frustriert
  • ängstlich

Die Gedanken sind mächtig, daher vermeide in dieser Phase der gewaltfreien Kommunikation auch Bewertungen und Schuldzuweisungen deiner eigenen Gefühle. Bleibe auch dir gegenüber objektiv.

Benenne deine Gefühle deinem Gegenüber ganz klar aus der Ich-Perspektive. Beschreibe, was dieser Konflikt in dir auslöst und vermeide unbedingt Schuldzuweisungen. Sätze wie “…, weil du nicht auf mich hörst” oder “…, weil du immer zu faul bist.” sind kontraproduktiv und das Gegenteil von gewaltfreier Kommunikation.

Gewaltfreie Kommunikation

3. Eigene Bedürfnisse erkennen und benennen

Die Gefühle und Emotionen, die der Konflikt bei dir ausgelöst hat, bringen in der Regel ein Bedürfnis mit sich. In der GfK ist es sehr wichtig, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, um diese deinem Gegenüber mitzuteilen. Nur so wird die Person verstehen, warum es die von dir genannten Gefühle auslöst. 

Offen über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen ist in der GfK sehr wichtig, denn dies fördert die Empathie und die gegenseitige Wertschätzung. Respektvolle Ehrlichkeit und Offenheit sind ein Teil der Basis für eine gewaltfreie Kommunikation.

Deine Bedürfnisse bringst du am besten mit Wünschen zum Ausdruck und bleibst auch hier wieder in der Ich-Perspektive. Sätze können mit “Ich wünsche mir …” und “Ich habe das Bedürfnis…” beginnen und sollten an deine genannten Gefühle und Beobachtungen anknüpfen.

4. Lösungsorientierte Bitten äußern

Nachdem du die Konfliktsituation objektiv beobachtet, deine Gefühle erkannt und deine Bedürfnisse und Wünsche mitgeteilt hast, ist der letzte Schritt eine lösungsorientierte und konstruktive Bitte. In der GfK basiert die Bitte auf den Bedürfnissen und Gefühlen und sollte für dein Gegenüber als zielführender Lösungsvorschlag dienen.

Eine Bitte wird in der gewaltfreien Kommunikation so formuliert, um Bedürfnisse zu kommunizieren und gleichzeitig Empathie und Verständnis für dein Gegenüber aufzubringen.

Deine Bitte sollte klar und konkret sein, vage und allgemeine Formulierungen solltest du vermeiden. Die Bitte wird in der GfK positiv formuliert, verzichte dabei auf Sätze wie “Ich möchte nicht, dass…”. Ideal ist es in der gewaltfreien Kommunikation, wenn du dein Bedürfnis/Wunsch mit deiner Bitte verknüpfst. Das schafft mehr Verständnis. Ehrlichkeit sowie ein respektvoller und höflicher Umgangston sind die Katalysatoren, um eine zielführende Kommunikation zu führen.

Gewaltfreie Kommunikation: Ein Schritt nach dem anderen

Du hast nun Schritt für Schritt gelernt, was die gewaltfreie Kommunikation konkret beinhaltet. Die Erklärungen und Beispiele sind sehr theoretisch und könnten leicht umsetzbar sein, wäre da nicht der alltägliche Trott. Es ist nicht von der Hand zu weisen, wie schwierig die Umsetzung der GfK ist. Im Eifer des Gefechts, wie es so schön heißt, stecken wir alle schneller, als wir denken, mitten in Konflikten. Dabei die Fassung zu bewahren und sich auch noch an all diese Schritte zu halten, scheint in akuten Situationen schnell eine große Herausforderung zu sein.

Bitte keinen Druck machen!

Die Kommunikation weiterzuentwickeln ist für viele Menschen harte Arbeit. Wenn dann noch Familienangehörige und Emotionen involviert sind, kann die Sache noch viel schwieriger werden. Die gewaltfreie Kommunikation fängt bei dir selbst an. Sei fair zu dir, respektiere deine Emotionen und taste dich in deinem Tempo an die GfK heran.

Dass du diesen Artikel liest, hat dich schon einen großen Schritt in Richtung “Gewaltfreie Kommunikation” gebracht. Nun heißt es: Sei Aufmerksam und reflektiere zunächst rückblickend Konflikte und überlege, wie du diese anders hättest angehen können. Je mehr du dich mit der Thematik befasst und je mehr du reflektierst, desto näher kommst du der eigentlichen Umsetzung.

Gewaltfreie Kommunikation

Was ist, wenn die Familie die GfK nicht lebt?

Es kann gut sein, dass du zunächst allein die GfK Methode anwendest und das ist auch vollkommen okay. Lebe es deiner Familie vor, ohne extra darauf hinzuweisen, denn das könnte abschreckend wirken. Wenn deine Familie bemerkt, wie sich die Konfliktsituationen verändern und hautnah miterleben, wie sie Konflikte anders lösen können, dann werden sie sich dem bestenfalls annehmen. Erkennst du Situationen zum Reflektieren, dann geh im Nachhinein mit deiner Familie in die Reflexion. So, wie du es am Anfang mit dir selbst gemacht hast.

Wenn deine Familie bereit ist, den Weg der gewaltfreien Kommunikation zu gehen, dann werden sie es tun. Alles andere könnte kontraproduktiv sein, denn, wie wir wissen, lernen wir am besten durch unseren inneren Antrieb.

Fazit: Welchen Mehrwert hat die Gewaltfreie Kommunikation für deine Familie

Die GfK (Gewaltfreie Kommunikation) ist eine wunderbare Methode, um Konflikte in der Familie zu minimieren, Wertschätzung und Empathie untereinander zu fördern und mehr Harmonie in den Familienalltag zu bringen. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass sich die gewaltfreie und dadurch auch wertschätzende Kommunikation auf deinen Alltag allgemein auswirken kann. Wendest du die GfK bewusst an, kann sie sich in deine Art zu kommunizieren verwurzeln, sodass du auch in anderen Situationen objektiver, empathischer und wertschätzender bist.

Auch für deine Kinder ist die GfK eine tolle Methode, die die Art, wie sie kommunizieren, für ihre Zukunft prägen kann. Ob mit anderen Kindern oder später im Berufsleben und in anderen Beziehungen, wenn deine Kinder früh lernen, gewaltfrei zu kommunizieren, kann sich das positiv auf ihr Leben auswirken.

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